BEWEGUNG IN ÜBERKOMMENEN STRUKTUREN
Jazz ist Männermusik. Traditionell. Auf und vor der Bühne. Historische Klischees halten sich hartnäckig und verändern sich nur langsam. Aber sie tun es. Im 16. Jahrgang schon widmet sich „Women in Jazz“ erfolgreich und weithin wahrgenommen der zunehmenden weiblichen Präsenz in der improvisierten Musik.
Das hallesche Festival bildet emanzipatorische Vorgänge ab und fördert sie – unkonventionell, ideenreich und sehenswert. Es bringt Bewegung in überkommene Strukturen, ermutigt Künstlerinnen und trägt dazu bei, dass der feminine Anteil unter den Jazzmusikern in jüngster Zeit rund um den Globus signifikant wächst. Ein Fünftel betrug er 2016 zum Beispiel in Deutschland. Schon oder erst, das kommt auf die jeweilige Perspektive an. Das Anteilsspektrum reicht von 86 Prozent unter den Vokalisten bis zu nur 12 Prozent unter den Instrumentalisten. Immerhin: Was 1944 für das amerikanische Jazzmagazin Down Beat feststand, gilt nicht mehr: „Frauen mögen nun mal Geigen, aber Jazz hat eben mit Schlagzeug und Trompete zu tun.“ So manche Trompeterin oder Schlagzeugerin konnte auf Halles Festivalbühne schon den Gegenbeweis erbringen. Auch Eva Klesse, die inzwischen zur ersten Jazz-Instrumentalprofessorin an einer deutschen Hochschule berufen wurde.
Die Dinge sind in Bewegung, doch wie auch in der Gesamtgesellschaft eher langsam. Vorurteile sitzen nun mal tief. Was unseren Umgang miteinander ausmacht, spiegelt die Kunst zurück und macht es bewusst.